Das Stück handelt von der, wegen ihrer Zwergenhaftigkeit aus dem Dorf
ausgeschlossenen Lucie Cabrol, die zugrunde geht, weil sie außerhalb der
Gesellschaft leben muss. Einzig die Liebe gibt ihr die Kraft, die Rauheit des
Lebens zu ertragen.
Ihr erstes Leben verbringt sie auf dem elterlichen Hof. Von dort vertreibt
Henri, ihr jüngerer Bruder sie nach dem Tod der Eltern unter dem Vorwand der
Brandstiftung.
So wird sie gezwungen ihr zweites Leben in der verlassenen Hütte eines
Wegemachers außerhalb des Dorfes zu verbringen. Dort kommt es nach vierzig
Jahren zu einem Wiedersehen mit Jean, dem einzigen Menschen, der Lucie
wirklich nahe war. Ihm erzählt sie während einer Nacht ihr ganzes Leben.
Mit seinem so einfachen wie bewegenden Text hält John Berger die Erinnerung an
eine Lebensform wach, für die es in der modernen Welt keinen Raum mehr
gibt. Das Leben und die Welt der Bauern ist selten so eindringlich, mit so
unmittelbarer Anteilnahme und gleichzeitig so nachdenklicher Distanz
geschildert worden, wie in der Erzählung, welche die Vorlage für das Stück
bildet. Sie hat weder etwas zu tun mit der sentimentalen Verklärung des
Bauerntums, noch mit der oberflächlichen Verachtung bäuerlichen
Konservatismus. Sondern sie ist im Gegenteil ein Appell an die Menschlichkeit
in einer unmenschlichen Umgebung. Die Enge dieser Welt wird kompensiert durch
die Phantasie der Menschen, welche Räume schaffen, die weit sinnlicher und
poetischer sind, als die Realität selbst.
So liegt auch der Schwerpunkt der Inszenierung auf der Erschaffung jener
phantastischen Welt, die sich jenseits der Schroffheit unserer Umwelt
auftut. Dort können die Figuren ihren Frieden und die Erfüllung ihrer
Sehnsüchte finden.
Die Schauspieler schlüpfen mit großer Lust in die verschiedensten Rollen
einschließlich der Tiere und Pflanzen und stellen so eine Atmosphäre her,
welche die sinnlich-poetische Kraft des Theaters ausnutzt, um dem Zuschauer
ein pralles Theatererlebnis zu präsentieren.
Simon McBurney
Simon
McBurney wurde 1957 in England geboren und arbeitet als
Filmschauspieler (zuletzt in
Der goldenen Kompass) und
Filmregisseur. McBurney ist aber auch einer der führenden Theaterregisseure
Europas. Als Mitbegründer und künstlerischer Leiter des Theatre de Complicite
in London hat er an über 30 Produktionen als Regisseur oder Darsteller
mitgewirkt, an zahlreichen Welttourneen teilgenommen und mehrere
internationale Theaterpreise gewonnen.
Die drei Leben der Lucie
Cabrol hatte 1994 seine Uraufführung und wurde mehrfach ausgezeichnet.
John Berger
John Berger wurde 1926 in London als Sohn eines Juristen geboren. Von 1945 bis
1955 war er als Kunsterzieher und Maler tätig. Anfang der 50er Jahre
wechselte er vom Malen zum Schreiben, weil er glaubte als Journalist und
Schriftsteller während des Kalten Krieges effektiver gegen den drohenden
nuklearen Gau ankämpfen zu können. Seit jener Zeit galt Berger als
intellektueller Aktivist der marxistischen Szene. 1958 wird sein Romanerstling
wegen prokommunistischer Tendenzen von seinem Verlag zurückgezogen. Er
verlässt darauf aus Protest England. Seit Anfang der siebziger Jahre lebt in
einem kleinen Bergdorf in der Haute Savoie (Frankreich). Hier entstand auch
der Erzählband Sauerde, der die Erzählung
Die drei Leben der Lucie Cabrol enthält. Das literarische
Werk Bergers umfasst Hörspiele, Theaterstücke, Drehbücher für Film und
Fernsehen, politische Reportagen, Sachbücher über Photographie und Malerei,
Erzählungen, Romane, Gedichte und Essays. Auszeichnungen: 1972 Booker Prize
für den Roman G. , 1990 Österreichischer Staatspreis für
Kulturpublizistik; 1989, 1991 Petrarca Preis
Mitwirkende:
Darsteller
Daniel Höfner, Stefan Jagau, Fabian Kania, Michael Kehr, Maren Luedecke,
Daniel Silberhorn, Thomas Steinkopff
Regieassistenz/Kostüme: Ute Rasim
Bühne und Ausstattung: Bernhard Zarembowicz
Fotographie: Christof M.Fleischer
Regie: Andreas Müller
Premiere: 8. Februar 2008
weitere Aufführungen: 9. Februar, 15./16. Februar, 7./8. März,
14./15. März, 11./12. April, 18./19. April, 30./31. Mai, 6./7. Juni, 13./14. Juni
siehe auch den aktuellen Monatsplan