Katzelmacher
von Rainer Werner Fassbinder
1968 rotzt ein pickliger, junger Mann in einer Kneipe
ein Stück aufs schmale Podium, das platt und grob und ungeheuer effektvoll
vorführt, wie unerträglich unserem Gemeinwesen das Fremde ist. Ein Jahr später
macht er einen Film daraus und startet eine Karriere die seinen Ruhm bis in die
Cineastenkinos New Yorks trägt. Siebzehn Jahre später ist R.W . Fassbinder schon
drei Jahre tot und "Katzelmacher" läuft im Repertoire des Bayrischen
Staatsschauspiels. So schnell geht das. Die Wut von damals ist Kunst von heute.
"Katzelmacher" ist ein kleines, deprimierendes Modell
gesellschaftlicher Verhaltensweisen.
Es spielt in einer Zeit der ersten Gastarbeiter in
Deutschland, Fassbinder schrieb einen offenen "Osterspaziergang" für zehn
Personen, ein wie zufällig wirkendes, streng arrangiertes Straßenballett, aus
dem sich Miniaturszenen herauslösen, kurze Dialoge und kleine Aktionen wie von
selbst ergeben. Das ist oft ein faszinierendes Begegnungsspiel; immer neue
Arrangements ergeben sich; ein Kaleidoskop aus Haltungen, Vorurteilen,
Leidenschaften, Träumen und alltäglicher Grausamkeit.